Die Arztbesuche des Arbeitnehmers – seine Rechte und Pflichten

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Der Verwaltungswegweiser des luxemburgischen Staates «Guichet» («Bürger-Portal»), informierte in seinem kürzlich veröffentlichten Newsletter über die grundlegenden Begriffe und Aspekte der Gesetzgebung hinsichtlich der Verpflichtungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Hinblick auf ärztliche Untersuchungen im Rahmen ihrer Arbeitsverträge.

Darf man als Arbeitnehmer aufgrund eigener Entscheidung seinen Arbeitsplatz verlassen, um sich in ärztliche Behandlung zu begeben? In einem kürzlich veröffentlichten Newsletter unterscheidet der Verwaltungswegweiser des luxemburgischen Staates («Le Gichet») zwischen Arztbesuchen im Rahmen von Pflichtuntersuchungen und Arztbesuchen ohne verpflichtende Grundlage und macht die Arbeitnehmer warnend auf Risiken aufgrund unberechtigter Abwesenheit vom Arbeitsplatz aufmerksam.

In welchen Fällen handelt es sich um Pflichtuntersuchungen durch den Arzt?

Aufgrund der großherzoglichen Verordnung vom 17. Juni 1994 werden eine Reihe ärztlicher Untersuchungen für Arbeitnehmer vorgeschrieben und gesetzlich geregelt. Es handelt sich um drei Kategorien: Erstens bei der Neueinstellung von Arbeitnehmern, zweitens Untersuchungen in regelmäßigen Abständen für eine bestimmte Kategorien von Arbeitnehmern und drittens Untersuchungen im Anschluss an längere Abwesenheit vom Arbeitsplatz.

Im Rahmen eines neuen Arbeitsvertrags ist die ärztliche Untersuchung vor der Neueinstellung für diejenigen Arbeitnehmer, die risikobehaftete Tätigkeiten ausüben, aufgrund der gesetzlichen Regelung obligatorisch. Für die anderen Arbeitnehmer muss die Untersuchung innerhalb von zwei Monaten nach der Einstellung des Arbeitnehmers erfolgen. Im letztgenannten Fall gilt der Arbeitsvertrag bei einem Arztbesuch nach dem ersten Tag zu diesem Datum, unter der Voraussetzung, dass die Eignung des Arbeitnehmers zur Ausübung dieser Tätigkeit festgestellt wurde (auflösende Bedingung); im Fall von Dienst- oder Berufsunfähigkeit wird der Arbeitsvertrag automatisch beendet.

Die großherzogliche Verordnung vom 17. Juni 1997 definiert zudem hinsichtlich des Rhythmus der ärztlichen Untersuchungen im Rahmen der Arbeitsmedizin die periodisch vorgeschriebene ärztliche Untersuchung sowohl für Arbeitnehmer unter 21 Jahren, die eine risikobehaftete Arbeitstätigkeit, für die eine regelmäßige ärztliche Untersuchung seitens des Arbeitsmediziners als sinnvoll angesehen wird, als auch für Nachtschichten leistende Arbeitnehmer.

Der Arbeitgeber muss im Fall der längeren Abwesenheit vom Arbeitsplatz, d.h. bei einem Zeitraum über sechs Wochen, den zuständigen arbeitsmedizinischen Dienst über die Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit des Arbeitnehmers informieren. Der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Arbeitsmediziner können dann eine ärztliche Untersuchung beantragen.

Augenärztliche Untersuchung: Die großherzogliche Verordnung vom 4. November 1994 betreffend die Mindestanforderungen für die Sicherheit und Gesundheit hinsichtlich der Tätigkeit an Geräten mit Bildschirmen ergänzt diese durch das Gesetz vorgesehene Regelung. Verpflichtend vorgeschrieben wird für alle Arbeitnehmer, die in die Definition der Arbeitnehmer mit Tätigkeiten mit Bildschirmen fallen, eine augenärztliche Untersuchung in regelmäßigen Abständen.

Unabhängig von diesen Bestimmungen kann auf Antrag der Arbeitgeber bzw. Arbeitsmediziners oder Arbeitnehmers eine ärztliche Untersuchung vorgenommen werden. Letztgenannter kann jedoch eine ärztliche Untersuchung, die von ihm- außerhalb der oben genannten gesetzlichen Voraussetzungen verlangt wird, – ablehnen.

Das Bürger-Portal führt dazu aus:«Diese ärztlichen Untersuchungen werden seitens des Arbeitsgesetzbuchs ausdrücklich als Arbeitszeit bewertet. In diesem Zusammenhang wird lediglich diejenige Zeit, die den Pflichtuntersuchungen dient, entlohnt».

Welche Verpflichtungen ergeben sich für die nicht gesetzlich vorgeschriebenen Arztbesuche?

Der Arbeitnehmer kann aus privaten Gründen einen Arzt aufsuchen. Diese Besuche fallen jedoch nicht in den vom Gesetz vorgesehenen Rahmen. In diesem Zusammenhang besitzt der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht das Recht, seinen Arbeitsplatz – ohne Genehmigung seines Arbeitgebers – zu verlassen.

Der Arbeitgeber kann – so das luxemburgische Bürger-Portal – bei Zuwiderhandlung den Arbeitnehmer aufgrund ungerechtfertigten Fernbleibens vom Arbeitsplatz rechtlich belangen, «insbesondere durch eine Abmahnung, oder der Arbeitgeber kann vom Arbeitnehmer verlangen, dass er Urlaub nimmt oder die fehlende Arbeitszeit nacharbeitet. In allen Fällen stellt das Fernbleiben bzw. das Verlassen des Arbeitsplatzes zwecks Arztbesuchs alleine genommen keinen schwerwiegenden Kündigungsgrund dar».

Das Internet-Portal stellt in diesem Zusammenhang weiter fest, dass diejenige Zeit, die dem gesetzlich nicht vorgeschriebenen Arztbesuch dient, nicht vergütet wird , «es sei denn, dass der Arbeitgeber selbst mit dem Fernbleiben vom Arbeitsplatz einverstanden ist und der Vergütung des Arbeitnehmers ohne die Arbeitsleistung für diese Stunden zustimmt».

Das luxemburgische Internet-Portal betont schließlich, dass der Arbeitnehmer, der zum Zwecke eines vom Gesetz nicht vorgeschriebenen Besuchs bei seinem ihn behandelnden Arzt seinen Arbeitsplatz verlassen möchte, grundsätzlich «dafür sorgen muss, dass die ärztliche Untersuchung entweder außerhalb seiner Arbeitszeiten erfolgt oder dass er die Genehmigung seines Arbeitsgebers zwecks Fernbleibens vom Arbeitsplatz erteilt bekommt. Im letztgenannten Fall kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen, dass er die fehlende Arbeitszeit nachholt oder Urlaub nimmt.»
Marc Alison
Deutsche Fassung: Walter Fries